FAQ - 10 Fragen an das Watch The Med Alarm Phone

1. Was will das Projekt real leisten, wenn es selbst nicht retten kann?

Das Notruftelefon bietet den betroffenen Boatpeople eine zweite Möglichkeit, dass ihr SOS wahrgenommen wird. Der Alarm dokumentiert und mobilisiert in Echtzeit, und versucht, Druck zu machen, dass gerettet wird, wo immer das möglich ist. Oder auch, dass Rückschiebungen von Flüchtlingen und MigrantInnen gestoppt werden.

2. Was wird konkret unternommen, wenn trotz SOS und Alarm von den Küstenwachen kein Rettungseinsatz erfolgt?

Einerseits wird versucht, mit schnellem öffentlichem Druck Rettungsoperationen doch noch zu erzwingen. Zum anderen geht es darum, in der Nähe der in Seenot befindlichen Boote auch Frachtschiffe oder Tanker zu alarmieren.

3. Auf welchen Erfahrungen baut das Projekt auf, mit welchen Mitteln wird gearbeitet?

Die Aktiven schulen sich mit Handbüchern, in denen Erfahrungen von Menschen eingearbeitet sind, die bereits seit Jahren als Ansprechpartner für Boatpeople fungieren. Und sie nutzen Online-Karten und das Know-How des Monitoring-Projektes Watch The Med, das seit 2011 zu Todesfällen und unterlassener Hilfeleistung im Mittelmeer recherchiert.

4. In welchen Mittelmeerregionen ist das Projekt aktiv?

In allen drei Bereichen, in denen MigrantInnen und Flüchtlinge versuchen, in die EU-Länder zu gelangen: in der Ägäis (zwischen Griechenland und der Türkei), im zentralen Mittelmeer (zwischen Libyen/Tuensien und Italien) und im westlichen Mittelmeer (zwischen Marokko und Spanien). Die Situationen sind zwar jeweils unterschiedlich, aber überall kommt es immer wieder zu Menschenrechtsvletzungen durch Fälle von Sterben-Lassen oder Rückschiebungen.

5. Wer steckt hinter dem Projekt, wer macht den Telefondienst, wie wird es finanziert?

Das Alarm Phone wird von ehrenamtlichen AktivistInnen getragen, die zum großen Teil seit vielen Jahren an den Außengrenzen engagiert sind: in den Netzwerken von Welcome to Europe, Afrique Europe Interact, Borderline Europe, Noborder Morocco oder bei Watch The Med. Sie arbeiten in lokalen Gruppen, machen Recherchen oder sind sn Kampagnen in den genannten drei Regionen beteiligt. AktivistInnen des Projekts kommen aus Tunis, Palermo, Melilla, Tanger, Cadiz, Marseille, Strasbourg, London, Wien, Bern, Berlin und aus weiteren Städten. Einige Beteiligte haben ihre persönliche Erfahrungen bei der Überquerung des Mittelmeeres in kleinen Booten gemacht. Und das Projekt wird durch Spenden finanziert.

6. Wer unterstützt das Projekt?

Ein breites Spektrum der Zivilgesellschaft von beiden Seiten des Mittelmeeres hat den Aufruf unterzeichnet. Darunter finden sich prominente Intellektuelle und Journalisten wie auch Überlebende von Bootstragödien und Angehörige von Verschwundenen. Zustimmung findet das Projekt bei Selbstorganisationen von MigrantInnen, die die tödlichen Grenzen aus eigener Erfahrung kennen, wie auch bei empörten BürgerInnen, die die gegebene Situation als unerträglich empfinden.

7. Wie wird die Notruf-Nummer verbreitet?

Vor allem über direkte Kontakte in die Communities der MigrantInnen und Flüchtlinge in den wichtigen Transitländern Nordafrikas und der Türkei. Es wird in Zukunft auch Informationsflyer geben zu den Risiken der Überfahrt  über das Mittelmeer. Neben Hinweisen, wie sich Gefahren verringern lassen, wird dann auch die Notrufnummer angeboten.

8. Wie ist das Verhältnis zur Küstenwache bzw. den zuständigen Behörden?

Es geht dem Projekt um die Rettung der Boatpeople und deren Recht auf Schutz. Insofern wird die Kooperation mit den Küstenwachen gesucht und am 10.10.2014 werden diese auch mit einem Schreiben über den Start des Projektes informiert. Die Kritik am tödlichen Grenzregime richtet sich in erster Linie an die Politisch Verantwortlichen der EU.

9. Wie steht das Projekt zu sog. Schleppern?

Schlepper gibt es nur, weil und solange ein Grenzregime existiert, das Flüchtlingen und MigrantInnen legale Einreisemöglichkeiten verwehrt und sie stattdessen auf geheime, teure und gefährliche Routen zwingt.

10. Was sind die kurz- und langfristigen Ziele des Projektes?

Kurzfristig geht es um Rettung und die Verhinderung offensichtlicher Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen. Der Tod von Flüchtlingen und MigrantInnen auf See könnte längst Geschichte sein, wenn das Grenz- und Visumsregime aufgelöst würde. Insofern zielt das Projekt letztlich auf einen mediterranen Raum mit offenen Grenzen für alle Menschen.